Museum für Franken in Würzburg
Veranstaltungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte
vom 12. bis 14. September 2019

Wissenschaftliches Symposium 'Renaissancen in Franken'

Die Epoche des Fürstbischofs Konrad von Thüngen (1519–1540)

am 12. und 13. September



109. Hauptversammlung

am 13. und 14. September 2019

Bericht des Wissenschaftlichen Leiters der Gesellschaft für fränkische Geschichte, Prof. Dr. Dieter J. Weiß:

Die 109. Jahrestagung fand vom 12. bis 14. September 2019 auf der Festung Marienberg in Würzburg statt. Im Jahr 2019 jährt sich die Wahl Konrad von Thüngens zum Fürstbischof von Würzburg zum 500 Mal. Die mit dem Haus Thüngen bis heute eng verbundene Gesellschaft für fränkische Geschichte und das Museum für Franken nahmen dieses Jubiläum auf Anregung von Hanskarl Freiherr von Thüngen zum Anlaß, sich mit seiner Epoche näher auseinanderzusetzen.

Die Tagung „Renaissancen in Franken – Die Epoche des Fürstbischofs Konrad von Thüngen“ wurde von den Professoren Dr. Erich Schneider und Dr. Dieter J. Weiß konzipiert und durchgeführt. Die Lebenszeit Konrad von Thüngens (1466-1540) markiert eine Übergangszeit, vom Mittelalter in die Frühe Neuzeit, von der selbstverständlichen Einheit der abendländischen Christenheit zur Ausbildung getrennter Konfessionen. Das Symposium fragte nach den eigenständigen Merkmalen seiner Lebens- und Regierungszeit. Dafür bietet sich der Begriff der Renaissance an, der im Plural verwendet wird, um ihre unterschiedlichen Ausprägungen in den vielfältigen fränkischen Territorien in den Blick nehmen zu können. An den Höfen der Fürstbischöfe, aber auch anderer Fürsten trafen sich wie in den Reichsstädten gelehrte Humanisten und diskutierten über neue geistige Entwicklungen. Aus dem Bereich der Kunstgeschichte wurden die Anfänge der Renaissancekunst in Franken im Umfeld Konrad von Thüngens, aber auch das Wirken von in Italien geschulten Künstlern, die neue Kunstideale aufnahmen, gewürdigt. Historiker, Kunsthistoriker und Musikwissenschaftler behandelten die vielfältigen Entwicklungen in Franken vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Fachdisziplinen.

Nach der Einführung in das Tagungsthema durch Dieter Weiß sprach Prof. Dr. Rainald Becker über Humanistenbischöfe in Franken, die er in den weiten Kreis gelehrter Bischöfe des Renaissance-Zeitalters einordnete.
Dr. Winfried Romberg stellte das Bistum Würzburg zwischen spätmittelalterlicher Kirchenreform, humanistischer Geistigkeit und dem Ansturm der Reformation vor.
Dr. Klaus Rupprecht entwarf in seinem Beitrag über Herrschaft und Selbstverständnis im Wandel – fränkischer Ritteradel im 16. Jahrhundert ein Modell der Ausbildung der Reichsritterschaft in Franken.
Speziell für die Haus Thüngen untersuchte Prof. Dr. Helmut Flachenecker diese Fragestellung, der auch für den Humanismus besonders aufgeschlossene Familienmitglieder vorstellte.
Der erste Tag wurde beschlossen durch den Vortrag von Dieter Weiß, der Konrad von Thüngen als Reichsfürsten der Renaissance und Humanistenbischof würdigte. Er konnte den bisher einzig bekannten Beleg für seine Studienzeit in Pavia ergänzen und wertete seinen Briefwechsel mit Humanisten und besonders die Widmungen literarischer und theologischer Werke an ihn aus.

Stefan W. Römmelt eröffnete den zweiten Tag mit einer Überblicksdarstellung der fränkisch-italienischen Beziehungen im Renaissancezeitalter, die besonders durch Aufenthalte von fränkischen Studenten und Künstlern in Italien geprägt waren. Umgekehrt hinterließen aber auch Albrecht Dürer und deutsche Drucker bleibende Wirkungen im Süden der Alpen.
Prof. Dr. Karl Borchardt, der die Papius-Chronik der Grafen von Castell ediert, stellte mit Lorenz Fries und Paulus Papius zwei fränkische Geschichtsschreiber des 16. Jahrhunderts mit unterschiedlichen konfessionellen und politischen Ausrichtungen im Vergleich vor.
Prof. Dr. Martin Ott richtete den Blick nach Bamberg und rückte die freilich nur zeitweilig dort lebenden Humanisten Albrecht von Eyb und Lorenz Beheim in den Mittelpunkt.
Als Beispiel für Humanismus in den fränkischen Markgraftümern stellte Priv.-Doz. Dr. Christof Paulus den als Schuldirektor in Ansbach wirkenden Vincentius Opsopoeus (Heidecker) vor. Eingehend analysierte er dessen satirische Schrift De arte bibendi libri tres, Nürnberg 1536.
Am Beispiel der Musik in den Nürnberger Kirchen ging Prof. Dr. Volker Schier der Frage nach Kontinuität oder Diskontinuität in der Liturgie während des Reformationszeitalters nach, bei der kein radikaler Bruch nachweisbar ist.
Mit Peter Dell d.Ä. und seinem künstlerischen Werk stellte Dr. Claudia Lichte einen der bedeutendsten mainfränkischen Bildhauer nach Tilman Riemenschneider vor, dessen Schaffen wegen der Auftragslage ihren Schwerpunkt in der Sepulkralplastik hatte.
Wieder zur Familie Thüngen führte Andrea Huber mit ihrer Vorstellung des „Eingehurns“ des Domherrn Andreas von Thüngen, eines gefaßten und mit Darstellungen der Passion nach Albrecht Dürer verzierten Elefantenstoßzahns.

Das Symposium ging am Abend des 13. September in die 109. Hauptversammlung der Gesellschaft für fränkische Geschichte über. Beim Empfang für die Mitglieder sprach der Würzburger Kultur-, Schul- und Sportreferent Achim Könneke in Vertretung des verhinderten Oberbürgermeisters ein Grußwort in der Schönbornhalle des Museums für Franken.
Der Erste Vorsitzende Heinrich Freiherr von Pölnitz, der Schatzmeister Dr. Maximilian Horster und der wissenschaftliche Leiter Prof. Weiß berichteten aus ihren Aufgabengebieten.

Den anschließenden Festvortrag hielt Erich Schneider über die Baukunst der Renaissance in Mainfranken. Unterstützt durch eindrucksvolles Bildmaterial analysierte er die Entwicklung der Architektur zwischen der Reformation und dem Dreißigjährigen Krieg, deren Hauptaufgaben der Ausbau von Befestigungsanlagen, die Errichtung von Rathäusern, Spitalgebäuden und in der Echterzeit zusätzlich von Sakralbauten bildeten.

Die Exkursion am Samstag führte herausragende Denkmäler der Renaissance um Würzburg vor. Den Auftakt bildete Schloß Grumbach in Rimpar, wo die Mitglieder durch den 1. Bürgermeister Burkard Losert und den Leiter des Freundeskreises Schloß Grumbach Edwin Hamberger empfangen wurden. Das von Julius Echter ab 1593 als Sommersitz genutzte Schloß enthält mit dem großen Rittersaal, der einen wohl anläßlich der Hochzeit von Konrad von Grumbach mit Salome von Vellberg angebrachten Wappenfries enthält, und dem daneben liegenden kleineren, ebenfalls reich stuckierten Saal eindrucksvolle Denkmäler mit italienisierender Renaissance-Ausstattung.
Unter der Leitung von Erich Schneider besichtigten die Mitglieder im Anschluß die katholische Pfarrkirche Mariä Heimsuchung und St. Nikolaus in Büchold. Diese Kirche, Sitz einer Rosenkranzbruderschaft, ist mit ihrer reichen Ausstattung fast vollständig im Echterstil erhalten.
Im benachbarten Arnstein führte Prof. Schneider dann durch die Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim. Dabei konzentrierte er sich auf die hochrangigen Reste einer Renaissancekanzel und ausgewählte Epitaphien der Familie von Hutten aus dieser Zeit, darunter das Epitaph des in Venezuela ermordeten Philipp von Hutten von Loy Hering.

Nach dem Mittagessen in Retzbach bildete das Schloß Thüngen in Thüngen das letzte Ziel. Während Hanskarl Freiherr von Thüngen die Geschichte des Schlosses und seiner Familie vorstellte, führte Dr. Susanne Freifrau von Thüngen durch den Renaissance-Saal im Burgsinner Schloß. Anschließend erläuterte sie detailliert den Aufbau und die Ausstattung dieses einzigartigen holzgetäfelten Saales und stellte gut begründete Hypothesen über seine Entstehung zur Diskussion.
Den Abschluß des offiziellen Programms bildete ein Vortrag von Susanne Pfeiffer über die Rezeptionsgeschichte Bischof Konrad von Thüngens im 20. Jahrhundert.
Die Jahrestagung klang mit einer Bierprobe mit den Produkten der Thüngenschen Brauerei Herzog von Franken aus.
Abschließend dankte der Erste Vorsitzende allen, die zum Erfolg der Tagung und Jahreshauptversammlung beigetragen haben, namentlich Baron und Baronin Hanskarl von Thüngen.

Dieter J. Weiß

Impressionen von den Veranstaltungen

Festvortrag von Prof. Dr. Schneider

Vortrag von Andrea Huber mit der Vorstellung des „Eingehurns"

Grabdenkmal von Loy Hering in der Kirche Maria Sondheim bei Arnstein für Philipp von Hutten (1505-1546)

Wappenfries im großen Rittersaal von Schloß Grumbach in Rimpar

Vortrag von Susanne Pfeiffer über die Rezeptionsgeschichte
Bischof Konrad von Thüngens

Vortrag von Dr. Susanne Freifrau von Thüngen
über Aufbau und Aussstattung des Renaissance-Saals

Wallfahrtskirche Maria Sondheim

Pfarrkirche Mariä Heimsuchung und St. Nikolaus in Büchold

Pfarrkirche Mariä Heimsuchung und St. Nikolaus in Büchold

Schloß Thüngen

Die Mitarbeiterinnen am Büchertisch des neuen Kommissionsverlags der Gesellschaft für fränkische Geschichte, PH.C.W. Schmidt

Drei Herzöge von Franken bei der Bierverkostung