108. Hauptversammlung

am 14./15. September 2018

in Kloster Bronnbach

Die 108. Hauptversammlung der Gesellschaft für fränkische Geschichte e.V. fand in diesem Jahr in Baden-Württemberg im Main-Tauberkreis auf dem Gebiet der Stadt Wertheim in Kloster Bronnbach (Weiler Bronnbach, Gemeinde Reichholzheim) statt. Der Main-Tauber-Kreis ist der nördlichste Landkreis in Baden-Württemberg. Er gehört zur Region Heilbronn-Franken (Tauberfranken) im Regierungsbezirk Stuttgart.

Um 14:00 Uhr tagte der Gesamtausschuss, der über die Zuwahl neuer Mitglieder, den Haushalt und das Arbeitsprogramm zu beraten hatte.

_Kloster Bronnbach     Die Tagungsteilnehmer trafen sich um 16:00 Uhr an der Klosterpforte. Sie wurden durch den Ersten Landesbeamten, Dr. Ulrich Derpa, willkommen geheißen.
Anschließend führten Dr. Monika Schaupp durch die Räume des das >>Staatsarchivs Wertheim und Dr. Jörg Paczkowski durch die ehemalige >>Zisterzienserabtei Bronnbach.
>>"Vor 850 Jahren: Kaiser Friedrich I. Barbarossa nimmt das Kloster Bronnbach in seinen Schutz".              _ Urkunde
Bei der Führung durch das Archiv von Wertheim konnten auch einige besondere Exponate bestaunt werden, z. B. die Urkunde von Kaiser Friedrich I. Barbarossa.

Beim Empfang um 18:00 Uhr im Bernhardssaal, zu dem die Stadt Wertheim eingeladen hatte, sprach Bürgermeister Wolfgang Stein ein Grußwort. Freiherr von Pölnitz dankte für die Gastfreundschaft und exzellente Organisation.

Im Josephssaal begann um 19:00 Uhr die Hauptversammlung, die ein umfangreiches Programm zu bewältigen hatte. Anschließend sprach Dr. Sabine Krämer-Neubert vom >>Unterfränkischen Dialektinstitut über "Franken oder was? Tauberfranken aus Sicht der Dialektforschung“.

Beim vor dem Josephssaal aufgebauten Büchertisch des Verlages bestand die Möglichkeit, den am Mittag druckfrisch aus der Druckerei abgeholten 25. Band der Fränkischen Lebensbilder zu erwerben.

Eine letzte Stärkung war nach dem Vortrag möglich. Die Teilnehmer trafen sich in der Orangerie zum Meinungsaustausch über das bisher Gehörte.

Am zweiten Tagungstag war Abfahrt mit dem Bus am Parkplatz am >>Spitzen Turm in Wertheim.

_ Zeitspuren-Die Gamburg      _ Wikipedia - Burg Gamburg       _ Burgenwelt - Burg Gamburg
Die erste Besichtigung fand auf der >>Burg Gamburg statt. Hans-Georg von Mallinckrodt führte die Teilnehmer durch Burg und Garten. Seine fundierten Erläuterungen zur Geschichte machten Lust auf weitere Besuche.

-Wikipedia - Hans Böhm (Pauker von Niklashausen)      Nächster Halt war die Pfarrkirche in Niklashausen. Dort referierte Prof. Dr. Rainer Leng über „Der Pfeifferhannes von Niklashausen“. Seinen Vortrag können Sie weiter unten in der verlinkten pdf nachlesen.

Das gemeinsamme Mittagessen wurde im Theatersaal der Distelhäuser Brauerei in Tauberbischofsheim eingenommen. Dort sprach Prof. Dr. Volker Rödel über „Umpfenbach - letzte gefürstete Grafschaft des Alten Reiches und (beinahe) erste Ortsherrschaft eines Juden“. Eine Kurzzusammenfassung ist ebenfalls weiter unten nachlesbar.

_Wikipedia - St.Vitus      Dr. Jörg Paczkowski führte anschließend durch die Kirche St. Vitus (Stadtteil Dittigheim), die nach Plänen von Balthasar Neumann erbaut wurde.

_ Wikipedia - Jakobskirche     _ Mainpost - Die Jakobiskirche in Urphar als Fluchtburg von Jürgen Höpfl
Die Geschichte und den Innenraum der Wehrkirche bzw. Jakobiskirche in Urphar erläuterte PD Dr. Frank Kleinehagenbrock.

_ Stiftung Schlösschen im Hofgarten       Seinen Abschluss fand die 108. Tagung im Schlösschen im Hofgarten von Wertheim. Die Teilnehmer konnten sich bei Kaffee und Kuchen stärken

_ Wikipedia - Löwenstein-Wertheim   Anschließend sprach Dr. Jörg Paczkowski zur Geschichte der Grafen und Fürsten Löwenstein-Wertheim.

Zum Schluss ist allen mit der Organisation Betrauten und den Referenten für ihre gelungenen und interessanten Vorträge zu danken. Die Teilnehmer der diesjährigen Herbsttagung in Tauberfranken konnten mit vielfältigen Eindrücken und neuem Wissen über Franken den Heimweg antreten.

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Vorträge

Die Niklashausener Fahrt 1476
Wallfahrt aus Frömmigkeit oder Revolution?

Prof. Dr. Rainer Leng

1476 begann ein junger Mann, der sich bislang sein Geld als Hirte, Taglöhner, Trommler und Pfeiffer verdient hatte, nach einem religiösen Erlebnis im Taubertal zu predigen. Rasch entstand daraus eine Wallfahrt, die auch überregionalen Zustrom fand. Hans Böhm predigte Armut, Askese, wandte sich aber auch gegen Verfallserscheinungen der Zeit in Reich und Kirche. Als er völligen Ablass versprach
und die kirchliche Sakramentslehre in Frage stellte, sahen sich die kirchlichen Obrigkeiten zum Eingreifen gezwungen. Am 12. Juli 1476 ließ ihn Bischof Rudolf II. von Scherenberg (1466-1495) gefangen nehmen. Ein Zug von rund 15.000 Wallfahrern, die Böhm befreien wollten, wurde blutig zurückgeschlagen. Böhm wurde wegen Häresie vor ein bischöfliches Gericht gestellt und starb am 19. Juli 1476 auf dem Würzburger Schottenanger auf dem Scheiterhaufen. Seine Asche wurde verstreut,
die Niklashauser Kirche, die Zentrum der Wallfahrt gewesen war, wurde abgerissen, und Flugschriften brachten die bischöfliche Sichtweise der verbotenen Wallfahrt in Umlauf.
Der Kurzvortrag beschäftigt sich mit dem Aufkommen der Wallfahrt, den historischen Hintergründen und dem Prozess gegen den „Pfeifferhannes“. Ein Ausblick gilt der Verortung der Wallfahrt in der Forschung. War die ‚Niklashauser Fahrt‘ eine spontane Frömmigkeitsbewegung, kündigen ihre sozialrevolutionären Züge bereits den Bauernkrieg an oder müsste sie eher in den Kontext vorreformatorischer Kirchenkritik gesetzt werde?

>>>>Weiter zum Vortragstext



Umpfenbach – letzte gefürstete Grafschaft des Alten Reiches
und (beinahe) erste Ortsherrschaft eines Juden

Prof. Dr. Volker Rödel

Die 500-Seelen-Gemeinde Umpfenbach (Ldkrs. Miltenberg) ging 1773 durch Kauf vom Grafenhaus Castell-Remlingen an zwei Mitglieder der erst 100 Jahre zuvor in den Reichsadelsstand aufgestiegenen Familie von Gudenus über, wobei die Käufer, wohl weiteren Aufstieg planend, sich eine (fingierte) Reichsunmittelbarkeit des Dörfchens eigens bestätigen ließen. Dies kam zupass, als 1805 Graf Ferdinand von Trauttmansdorff Umpfenbach um das Neunfache des Gestehungspreises erwarb, um im Interesse dies Wiener Hofs dadurch die Fürstung und dank dieser – erfolglos – eine katholische Viril-stimme im Reichsfürstenrat zu erlangen. Die Zeitumstände ermöglichten erst 1812 den Wiederverkauf dieser schon lange nutzlosen Erwerbung. Der zunächst mit dem Wert-heimer jüdischen Metallhändler Markus Feibel Neumüller darüber geschlossene Kauf-vertrag vermochte die landesherrliche Genehmigung des Großherzogtums Hessen nicht zu erlangen, obwohl der Käufer angab, eigentlich im Auftrag des Grafen Johann Carl Ludwig von Löwenstein-Wertheim gehandelt zu haben und für sich keine ortsherr-schaftlichen Rechte zu beanspruchen. Durch eine Intrige des Kammerpräsidenten von Feder, der sich nun als Käufer einschob, um Umpfenbach kurz darauf mit Gewinn an den Grafen weiterzuverkaufen, wurde Neumüller ausgebootet. Daraufhin verklagte er, auf seine Rechtsstellung als emanzipierter badischer Jude vertrauend, in zwei Instanzen erfolglos den Grafen auf Schadensersatz. Das Schicksal Umpfenbachs, gewissermaßen eines Mosaiksteinchens in der Konkursmasse des Alten Reiches, macht wie unter einem Brennglas die Probleme der Rheinbundzeit sichtbar.

>>>> Handout zum Vortrag

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Bildimpressionen von der Tagung

Der Gesamtausschuss bei der Arbeit

Begrüßung durch Ersten Landesbeamten Dr. Ulrich Derpa

Führung durch die Klosterkirche mit Dr. Jörg Paczkowski

Blick auf die Archivalien, Führung Frau Dr. Schaupp

Grußwort von Bürgermeister Wolfgang Stein

Dank von Baron Pölnitz an Hernn Stengel
für seine Tätigkeit als Kassenprüfer
Vortrag von Dr. Sabine Krämer-Neubert

Abfahrt vom Spitzen Turm in Weilheim

Fahrt zur Gamburg und nach Niklashausen

Tor zur Gamburg

Begrüßung durch Hans-Georg von Mallinckrodt

Burg und Gartenpforte

Burggarten

Burggarten mit Neptun

Wehrturm

Was wollen die hier?

Vortrag von Prof. Dr. Rainer Leng

Pfeifferhannes in Niklashausen

Fahrt nach Tauberbischofsheim, Dittigheim und Urphar

Weg zum Mittagessen

Vortrag von Prof. Dr. Volker Rödel

Vortrag von Dr. Jörg Paczkowsk in St. Vitus, Dittigheim

Wehrkirche bzw. Jakobiskirche in Urphar

Chorraum

Sakristei

Vortrag PD Dr. Frank Kleinehagenbrock

Fahrt nach Wertheim

Schlösschen im Hofgarten

Fotos: Horster, Morawitzky, Pölnitz

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Aus dem Zeichenbuch des Patrons Dr. Gerhard Hainlein

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